Cung-My Phan ist Stylistin für E-Commerce. Ihre Stärke liegt vor allem in Streetwear, die sie gerne mit High Fashion kombiniert. Hier verrät My ihre Style-Hacks, erklärt, wie sie zu Modetrends steht, und erzählt, wie sie ihren persönlichen Stil gefunden hat.
1. Wie würdest du einen persönlichen Stil beschreiben?
Eine gesunde Mischung aus Streetwear, sportlich, bequem und schick.
2. Wie hat sich dein Gespür für Styling entwickelt?
Das ist eine schwierige Frage. Selten lässt sich das an einem bestimmten Moment festmachen. Ich hatte schon immer ein sehr großes Interesse an Mode, und durch meine berufliche Laufbahn auch immer etwas mit Mode zu tun. Ich war im Retail, im Einkauf, im Kundenmanagement und bin dann in das Styling gewechselt. Durch jede einzelne dieser Erfahrungen hat sich mein “Gespür” immer mehr entwickelt. Aber auch, weil ich viel gesehen habe. Es gibt immer viele Einflüsse, und nur weil es mein Gespür ist, bedeutet es für andere eine ganz andere Ästhetik.
3. Was ist der Look deiner absoluten Komfortzone?
Eine weit geschnittene Anzughose, ein hochwertiges weißes T-Shirt und Sneaker. Damit macht man nie etwas falsch, es ist bequem und darauf würde ich immer zurückgreifen.
4. Fühlst du dich unter Druck, als Stylistin immer perfekt gestylt sein zu müssen?
Der Druck kommt und geht. Ganz am Anfang, als ich als Stylistin angefangen habe und mich erst in der Branche etablieren musste, hatte ich ihn extrem. Der erste Eindruck zählt nun einmal. Da habe ich auch mal in Kauf genommen, in etwas Unbequemen zu einem Job zu gehen. Je öfter ich das gemacht habe, desto mehr habe ich realisiert: Es interessiert keinen, es interessiert nur dich selbst. Solange du ordentlich aussiehst, ist es fein. Nichtsdestotrotz kommt und geht es. Manchmal erwarten die Leute schon, dass ich nicht in meinen Komfortzonen-Look komme, sondern etwas Besonderes anhabe. Das entscheide ich je nach Gefühl an dem Tag, gepaart mit der Frage, wo ich bin und mit wem ich bin. Man passt sich immer dem Umfeld etwas an, aber so, dass ich mich nicht verstelle. Ich habe trotzdem nie etwas an, hinter dem ich nicht stehe.
5. Wie stehst du zu Modetrends?
Als Stylistin für E-Commerce bin ich natürlich voll in den Modetrends drin und gehe dem viel nach. Dadurch bin ich aber auch überreizt von Modetrends und denke nicht immer, dass es das Beste ist. Trotzdem passt man sich auch immer dem an, unterbewusst, weil man auch nur das bekommt. Für Leute, die sich weniger für Mode interessieren, finde ich es hilfreich, damit sie trotzdem wissen, in welche Richtung es gerade geht. Es sind zwei Perspektiven darauf.
6. Wo informierst du dich über Trends?
Ich informiere mich in jeglicher Form: über Social Media, Magazine oder bei den Menschen, die ich auf der Straße sehe. Jede Stadt hat ihren eigenen Stil, egal in welche Richtung. Dann versuche ich, den Trend für mich in meinen eigenen Stil umzuwandeln, sodass es vielleicht noch dem Trend entspricht, aber für einen eher zugänglich ist. Manchmal können die Leute, inklusive mir, auch nichts damit anfangen.
7. Was sind für dich Essentials einer perfekten Grundgarderobe?
T-Shirts, am besten in Weiß. Das kannst du so gut down- oder updressen. Das ist mit jeder anderen Farbe schwieriger. Da würde ich auf verschiedene Schnitte gehen: ein eng anliegendes Shirt, eins, das lockerer sitzt, dann eine gut sitzende Jeans, am besten raw Denim ohne crazy Waschung, und da auch ein bisschen mehr investieren. Eine Anzughose, ein gutes Hemd, das gut sitzt – im Sinne von nicht krass oversized oder krass eng anliegend, weil man damit spielen kann. Bequeme Sneaker und ein paar Boots.
8. Was würdest du anderen raten, um ihren eigenen Stil zu entdecken?
Die Frage ist tricky! Ich würde dazu raten, sich zunächst Inspiration einzuholen, weil man im Inneren oft bereits eine Richtung hat. Das dann zusammentragen. Ich finde Pinterest zum Beispiel super. Alles speichern, was man mal gesehen hat und cool findet. Mit dem als Guideline in die Läden gehen und einfach mal anprobieren. Dann siehst du schon und fühlst vor allem, ob du dich damit wohlfühlst oder nicht. Wenn ich weiß, was mir an Schnitten und Stoffen gefällt, würde ich mich an Farbpaletten herantrauen. Ich persönlich bin ein großer Fan von Farbpaletten-Schema. Ich kaufe nur danach ein.
9. Wie hast du die Farbpalette gefunden?
Welche Farben gefallen mir, wenn ich sie anschaue? Das sind bei mir die erdigen Töne, da habe ich die größte Aufmerksamkeit. Wenn ich es dann anprobiere oder anhabe, greife ich zuhause immer danach. Danach habe ich angefangen, alle anderen Farben auszusortieren, und dann ist es viel einfacher, weil alles zusammenpasst, egal wie ich es mixe. Sonst musst du planen: Das geht nur mit dieser einen Hose, weil das das Einzige ist, was dazu passt. Das hat mich genervt. Ich wollte mehr dieses Mix und Match im Schrank kreieren, anstatt mir immer zu überlegen: Wenn ich das anziehen möchte, muss ich das und das kombinieren, weil sonst habe ich nichts anderes, aber ich will auch nicht etwas anderes unnötig dazu kaufen. Seitdem fällt es mir leichter. Auch beim Thriften filtere ich nur nach diesen Farben. Für sich herausfinden, welche Schnitte gut für mich sind und mir gefallen. Und im nächsten Schritt die Farbpalette.
10. Kann ich mich selbstbewusster durch ein für mich passendes Styling fühlen?
Daran glaube ich zu hundert Prozent. Es ist vielleicht etwas weitgehender als der persönliche Stil, aber ich finde, es macht viel aus. Wenn du dich in den Klamotten wohlfühlst und sie gerne trägst, dann strahlst du das auch aus. Umgekehrt können Klamotten dich aber auch ein bisschen verstecken. Es kann dir zum Teil dazu verhelfen, dich selbstbewusster zu fühlen. Allerdings gehört viel mehr zum Selbstbewusstsein, als nur das Äußere. Selbstbewusstsein ist ein sehr sensibles Thema und kommt von innen heraus.
11. Wie verhindere ich Fehlkäufe?
Auf bekannte Schnitte zurückgreifen, Farbpaletten helfen und tatsächlich das Material anschauen. Wenn mir etwas gefällt, aber das Material passt nicht, überlege ich zweimal. Lieber einmal in etwas Qualitatives investieren, als tausende von Sachen zuhause zu haben, die schnell kaputtgehen oder ausleiern. Nicht zwingend auf Modetrends gehen, sondern mehr auf klassische Sachen zurückgreifen und vielleicht nicht die weiteste Baggy-Hose, sondern auch mal eine gerade Hose, weil die dir länger hält und du dich nicht daran satt siehst. Kann ich damit mindestens drei bis fünf Outfits kombinieren? Ich habe meine Capsule-Essentials – passt es dazu?
12. Was war dein jüngster Einkauf?
Ich war in einem Thriftshop in Japan und habe Dr. Martens gefunden – klassische, flache Schnürschuhe. Eine spezielle Kollaboration, die wie ein Gemälde aussieht. Sie waren noch makellos.